Experten-Interview mit Christoph Peterer von LegacyNotes

Ab wann sollte man sich mit Nachlassplanung auseinandersetzen?
Darf man dies bereits als Jugendlicher?

Eines der wenigen Dinge im Leben, die sicher sind, ist der Tod und niemand weiss, wann das eigene Leben zu Ende geht. Somit ist es grundsätzlich nie zu früh, um sich mit der eigenen Nachlassplanung auseinanderzusetzen. Diese umfasst nicht nur erbrechtliche Fragen, welche im Todesfall aktuell werden, sondern auch Situationen, in welchen man aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr selbst entscheiden kann. Solche Fragen können unmittelbar und unverhofft aktuell werden.

Jugendliche, d.h. Personen, welche das 18. Altersjahr noch nicht erreicht haben, sind gemäss Gesetz nicht verfügungsfähig. Das heisst, sie können grundsätzlich weder ein rechtsgültiges Testament verfassen noch Partei eines Erbvertrages sein. Allerdings können urteilfähige Jugendliche ihre Bestattungswünsche festlegen. Diese gehen als Nachwirkung der Persönlichkeitsrechte dem Willen der Angehörigen vor.

Was sind die wichtigsten Punkte, die man bei der Nachlassplanung beachten sollte?

Die Nachlassplanung umfasst insbesondere die erbrechtlichen Aspekte, welche je nach Familienkonstellation anders zu beurteilen sind. Ausgangslage einer Nachlassplanung ist in der Regel die Frage, ob und in welcher Art von Lebensgemeinschaft eine Erblasserin lebt. Darüber hinaus ist relevant, welche potentiellen Erben eine Erblasserin hinterlässt und welche davon pflichtteilsgeschützt sind. Neben den erbrechtlichen Aspekten sind zum Beispiel auch Versicherungsthemen wie der Aufbau von Alterskapital und die Planung des Ruhestands sowie die persönliche Vorsorge im Fall des Eintritts einer Urteilsunfähigkeit oder im Fall von medizinischen Notmassnahmen relevant. Die Nachlassplanung umfasst damit ein breites Themenfeld, aus welchem je nach Situation andere Fragestellungen hervorgehen. Diese sind für den konkreten Einzelfall unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu erarbeiten und daraus Lösungen zu formulieren, welche den Bedürfnissen der Beteiligten bestmöglich entsprechen. Ziel der Nachlassplanung sollte sein, der Erblasserin die Sicherheit zu geben, alles für ihre Liebsten getan zu haben und Konflikte im Erbfall zu vermeiden.

Wie läuft der Prozess ab, wenn ein Legacy Notes Kunde stirbt oder handlungsunfähig wird?

Sollte einem LegacyNotes Kunden etwas zustossen, können zugriffsberechtigte Personen das Hinterbliebenen-Portal aktivieren. Die zugriffsberechtigte Person meldet sich auf der LegacyNotes Plattform mit dem «Login als Berechtigter» an und klickt auf «Todesfall eingetroffen». Danach folgt sie den Anweisungen auf der Plattform. Das Hinterbliebenen-Portal von LegacyNotes ordnet sämtliche vom Kunden erfassten Informationen in Aufgaben, welche – entsprechend ihrer Priorität – erledigt werden können. Dabei ist es möglich, erledigte Positionen zu kennzeichnen, um stets den Überblick zu behalten. Um versehentliche Aktivierungen des Hinterbliebenen-Portals zu vermeiden, wird bei der Meldung eines Todesfalls eine E-Mail an den Kunden versandt. Dieser kann die Aktivierung bei Bedarf einfach mittels seines Logins rückgängig machen. Im Todesfall kann sich nur eine vom Kunden zuvor erfasste zugriffsberechtigte Person einloggen.

Wie kann man sicherstellen, dass die Wünsche der Verstorbenen eingehalten werden? Gibt es hier ein Qualitätsmanagement?

Der Erblasser kann mit der Einsetzung eines Willensvollstreckers die Durchsetzung seiner Wünsche bis zu einem gewissen Grad sicherstellen. Der Willensvollstrecker hat den letzten Willen des Erblassers zu vertreten und soweit möglich durchzusetzen. Er hat die Aufgabe, die Erbschaft bis zur Teilung zu verwalten und die Teilung gemäss den vom Erblasser aufgestellten Regeln vorzubereiten. Sofern sich die Erben allerdings auf einen anderen Teilungsmodus als den vom Erblasser festgelegten einigen, sind dem Willensvollstrecker die Hände gebunden. Insoweit geht der gemeinsame übereinstimmende Wille der Erben demjenigen des Erblassers vor. Sind sich hingegen die Erben uneinig, gelten grundsätzlich die vom Erblasser aufgestellten Regeln. Werden diese verletzt, können sich die Erben dagegen wehren. Insoweit können diese selbst dafür sorgen, dass die Wünsche des Verstorbenen eingehalten werden. Darüber hinaus sind die vom Gesetz aufgestellten Grundsätze und Richtlinien zur Durchführung der Teilung zu beachten.

Was sind die häufigsten rechtlichen Probleme, die auftauchen, wenn man seinen Nachlass nicht regelt?

Wenn man seinen Nachlass nicht regelt, kommen ohne Rücksicht auf die konkrete Situation die allgemeinen Bestimmungen des Ehe-, Partnerschafts- und Erbrechts zur Anwendung, dies unabhängig von der Komplexität der Situation oder den Familienverhältnissen. Die Hinterbliebenen müssen sich somit selbst um den Nachlass und dessen Verteilung kümmern. Bei unterschiedlichen Auffassungen kann dies zu Konflikten und nicht selten zu erbrechtlichen Streitigkeiten führen, welche letztlich von einem Gericht zu bereinigen sind. Solche Konflikte beginnen oft schon beim Entscheid, wie und in welchem Rahmen der Verstorbene bestattet werden soll. Je nach den Umständen ist ohne eine Nachlassregelung zudem zum Beispiel nicht gewährleistet, dass der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner beim Versterben weiterhin seinen gewohnten Lebensstandard aufrechterhalten kann. Dies umfasst insbesondere auch das Verbleiben in einer selbst bewohnten Immobilie. Kompliziert kann es auch in Patchwork-Situationen werden, bei welchen es ohne Nachlassregelung zu einer sogenannten «Absterbenslotterie» kommen kann. Der Nachlass vererbt sich in einem solchen Fall verschieden, abhängig davon, welcher Partner zuerst verstirbt. Dies kann zum Beispiel zu stossenden Ergebnissen für gemeinsame und nicht-gemeinsame Nachkommen führen.

Ist ein Testament, dass ich beim Notar hinterlege, aus rechtlicher Perspektive anders als ein digitaler Service wie Legacy Notes oder SecureSafe? Wenn ja: Wo liegen die Unterschiede?

Ein rein digitales Testament, welches lediglich in digitaler Form vorliegt, ist nach der aktuellen Rechtslage in der Schweiz nicht gültig. Das Gesetz sieht einerseits das eigenhändige Testament vor, welches von Anfang bis zum Ende von Hand geschrieben und mit Ort, Datum und Unterschrift versehen sein muss. Die zweite vom Gesetz vorgesehene Form ist das öffentlich beurkundete Testament oder – sofern mehrere Parteien erbrechtliche Vereinbarungen treffen wollen – der öffentlich beurkundete Erbvertrag. Solche Dokumente sind vor einer Notarin oder einem Notar unter Beizug von zwei Zeugen nach einem vom Gesetz vorgesehen Ablauf zu unterzeichnen.

Ein bei einem digitalen Service wie LegacyNotes oder SecureSafe hinterlegtes Testament muss somit auf einem formgültigen Originaldokument beruhen. Im digitalen Service kann sowohl eine digitale Kopie des Originals wie auch der Hinterlegungsort desselben festgehalten werden. Damit können die Angehörigen einerseits über die Existenz und den Inhalt eines solchen Dokuments informiert werden und andererseits über den Ort, wo das Original aufzufinden ist. Darüber hinaus können in einem digitalen Service weitere Informationen für den Todesfall verbindlich festgelegt werden. So zum Beispiel Bestattungswünsche oder Wünsche in Bezug auf die Handhabung von Social Media und weiteren digitalen Accounts.

Ob zukünftig in der Schweiz der Erlass eines digitalen Testaments oder die Aufzeichnung des letzten Willens mit Video rechtlich zulässig sein wird, ist derzeit nicht absehbar. Wir verfolgen die Entwicklung jedoch aufmerksam.

Gibt es Dinge, die ich nicht digital regeln darf?

Wie erwähnt sind die derzeit gültigen gesetzlichen Formvorschriften bei der Regelung des Nachlasses zu beachten.

Wie ist die Lage bei finanziellen Informationen: Darf man die Zugänge zu Crypto-Wallets oder E-Banking-Systemen einfach weitergeben oder muss man hier etwas Spezielles beachten?

Die Erben treten mit dem Tod des Erblassers an dessen Stelle. D.h. auch Cryptowährungen und Bankguthaben gehen grundsätzlich auf alle Erben gemeinsam über.

Die Verwaltung von Cryptowährungen kann mit verschiedenen Arten von «Wallets» geschehen. Insbesondere kann dies mit einem selber verwalteten «Wallet» mit direktem Zugriff oder in einem von einem Dritten verwalteten «Wallet» ohne direkten Zugriff erfolgen. Bei einem selbst verwalteten «Wallet» ist es unabdingbar, dass die Erben Zugriff auf die entsprechenden Zugangsdaten erhalten. Ansonsten kann in einem Todesfall auf diese Guthaben nicht mehr zugegriffen werden. Bei von einem Dritten verwalteten «Wallet» besteht ein Vertragsverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Dritten. Auch dieses Vertragsverhältnis geht mit dem Tod des Erblassers ohne Weiteres auf die Erben über. Der Erblasser hat somit festzuhalten, mit wem er Verträge zur Verwaltung seiner Cryptowährungen abgeschlossen hat, damit die Erben mit diesen Personen oder Unternehmen Verbindung aufnehmen und ihre Ansprüche aufgrund des auf sie übergegangenen Vertragsverhältnisses geltend machen können.

Beim E-Banking verhält es sich demgegenüber anders. Die Zugänge zum E-Banking werden in einem Todesfall in der Regel von den Banken gesperrt und die Erben können grundsätzlich nur noch gemeinsam über die Bankkonten verfügen. Dazu müssen sie sich bei der Bank entsprechend ausweisen. Dies geschieht mit einer von der zuständigen kantonalen Behörde ausgestellten Erbbescheinigung. Bis eine solche vorliegt ist ein Zugriff auf Bankguthaben in der Regel nicht möglich. Eine Ausnahme dazu bilden Gemeinschaftskonten («und/oder-Konten»), bei welchen der überlebende Vertragspartner weiterhin über das Guthaben verfügen kann. Somit sind bei E-Banking Verträgen nicht primär die Zugangsdaten für die Erben relevant, sondern Informationen zu bestehenden Bankverbindungen, Konten und den jeweiligen Kontaktpersonen bei der Bank.

Das Interview wurde von der DSwiss AG im Rahmen der Kooperation von LegacyNotes und DSwiss/SecureSafe geführt.

Zum Interviewpartner

Christoph Peterer
Co-Founder, lic. iur. HSG, Rechtsanwalt und öffentlicher Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht

Christoph Peterer ist als zugelassener Rechtsanwalt und öffentlicher Notar bei LegacyNotes für die Bereiche Legal und Finance zuständig. Er beschäftigt sich vorwiegend mit Wirtschaftsrecht, Erbrecht und Nachlassplanung. Nach der Berufsausbildung zum Drogisten und dem Absolvieren der berufsbegleitenden Wirtschaftsmaturität studierte Christoph Rechtswissenschaften an der Universität St.Gallen (HSG) mit Vertiefung Unternehmens- und Finanzrecht (lic. iur. HSG). Daraufhin erlangte er die Zulassung als Rechtsanwalt und öffentlicher Notar. Nach Absolvieren der Fachanwaltsausbildung wurde ihm vom Schweizerischen Anwaltsverband SAV der Titel Fachanwalt SAV Erbrecht verliehen. Er ist eingetragen im Anwalts- und Notarenregister des Kantons St.Gallen und Mitglied des St.Galler sowie des Schweizerischen Anwaltsverbandes. Zudem ist er Mitglied des Schweizer Notarenverbandes.

Christoph Peterer, Co-Founder, Recht und Finanzen
Christoph Peterer, Co-Founder, Recht und Finanzen

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